Zweifel an Spekulationen um Predigt-Auslassung des Papstes

26. März 2024 in Kommentar


Papst Franziskus verzichtete auf seine Predigt an Palmsonntag. Das nährt Spekulationen über seine Gesundheit. Doch war seine Erkrankung wirklich der Grund? Einiges spricht dagegen - Von Kathpress-Rom-Korrespondentin Severina Bartonitschek


Vatikanstadt (kath.net/KAP) Zähe Minuten der Stille auf dem Petersplatz. Statt einer Predigt zog Papst Franziskus andächtiges Schweigen nach dem Evangelium an Palmsonntag vor. Die Entscheidung fiel spontan. Noch wenige Minuten zuvor hatte ein Mitarbeiter der Vatikan-Pressestelle das Redemanuskript an die anwesenden Journalisten auf den Bernini-Kolonnaden verteilt.

Seit dem Vorfall spekulieren internationale und insbesondere italienische Medien über den Gesundheitszustand des 87-jährigen Pontifex. Aber war das ungewöhnliche Schweigen tatsächlich der Atemwegsinfektion geschuldet, die Franziskus seit rund einem Monat schwächeln lässt?

Die Auslassung könnte auch politische Beweggründe gehabt haben. Passagen des Predigt-Manuskripts konnten auf den Nahost-Krieg gedeutet werden. Möglicherweise hatte jemand im Vatikan oder der Papst selbst erneute Kontroversen vermeiden wollen. Gerade erst hat sich die internationale Aufregung um Franziskus' Äußerungen zur Ukraine gelegt, in der er ihr den "Mut zur weißen Fahne" und zu Verhandlungen unter internationaler Vermittlung nahelegte.

Dafür spricht, dass der Vatikan die Predigt im Nachgang für nicht-existent erklärte. In der anschließenden Mitteilung zum Gottesdienst hieß es lediglich: "Am Ende der Verkündigung der Passion des Herrn nach Markus gab es einen Moment der Stille und des Gebets, bevor die Feier fortgesetzt wurde."

Seit seiner Erkrankung fällt Franziskus das Sprechen und Atmen schwer - seine Termine nimmt er trotzdem wahr. Fühlt er sich zu schwach, übernimmt üblicherweise ein Vatikan-Mitarbeiter das Verlesen der Ansprache. Das wird zumeist von einigen persönlichen Worten der Entschuldigung seitens des Papstes eingeleitet. Eine weitere Variante ist das Verteilen der Redemanuskripte an die jeweils Teilnehmenden der Audienzen. Spricht der Papst selbst - mitunter verkürzt -, dürfen auch seine Auslassungen offiziell zitiert werden.

Erprobte Abfolgen im Falle eines gesundheitlichen Ausfalls gibt es also zur Genüge. Genutzt hat Franziskus keine von ihnen. Das anschließende Sonntagsgebet sprach er wieder selbst. Dabei verurteilte er etwa den Terroranschlag nahe Moskau als "feige". Er erinnerte an die "gemarterte Ukraine" und den "Gazastreifen, der so sehr leidet" sowie an "viele andere Kriegsschauplätze". Israel erwähnte er namentlich nicht.

Derweil mutmaßen Italiens Vatikan-Berichterstatter über die Gesundheit des Papstes. Wollte er mit der Auslassung seine Anwesenheit auf dem Petersplatz einfach abkürzen, weil er schnell zurück in seine Vatikan-Wohnung wollte? Oder leidet er an schwereren Krankheiten als an einem Atemwegsinfekt? Sein Darmchirurg wird ebenso befragt, wie ihm nahestehende Mitarbeiter. Jene wiegeln ab.

Eile schien Franziskus am Sonntag nicht zu haben. Nach der Messe begrüßte er erst die anwesenden Kardinäle und fuhr dann mit dem Papamobil durch die Menschenmenge auf dem Petersplatz. Seine gesundheitlichen Probleme waren ihm dabei kaum anzumerken. Ob er die Worte zum Leiden und Tod Jesu' mit seiner Andacht wirken lassen wollte oder doch gewichtige politische Gründe gegen ein Verlesen der Predigt sprachen, bleibt zunächst ein Geheimnis.

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Foto: Papst an Palmsonntag (c) Vatican Media


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